Schiedswesen

1. Schiedsgerichtsbarkeit:
Schon die französische Verfassung von 1791 räumte dem Schiedswesen einen hohen Rang ein. Artikel 5 des Kapitels V bestimmte dort:
„Das Recht der Bürger, auf schiedsgerichtlichem Wege ihre Streitigkeiten endgültig zu entscheiden, kann durch Verfügung der gesetzgebenden Gewalt nicht eingeschränkt werden.“

Schiedsgerichtsbarkeit im Sinne unseres Grundgesetzes ist Teil des in Artikel 2 GG verankerten Rechts der Handlungsfreiheit und der Privatautonomie. Es geht hier eben nicht um eine Art „Privatisierung der Rechtsprechung“, sondern um originäre Grundrechte der Bürger. Insoweit ist es konsequent, dass der Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg mehrfach entschieden hat, dass die Parteien berechtigt sind, auf die nach Artikel 6 EMRK gewährten Rechte
– hier der Zugang zu staatlichen Gerichten – teilweise zu verzichten. Dennoch bewegt sich der Schiedsspruch natürlich nicht etwa in einem rechtsfreien Raum. Er kann unter den Voraussetzungen des § 1059 ZPO aufgehoben werden, so etwa, wenn der Gegenstand des Streites nach deutschem Recht nicht schiedsfähig ist oder der Schiedsspruch zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Im Ergebnis muss es sich also um ganz gravierende Mängel in der Entscheidung handeln. Anderenfalls ist er verbindlich.

Die Vorzüge eines schiedsgerichtlichen Verfahrens ist nach den jeweiligen Interessen der Parteien insbesondere darin zu sehen, dass das Verfahren als solches nicht öffentlich ist, mithin also Geschäfts-, Betriebs-, Privatinteressen usw. nicht in die Öffentlichkeit eines staatlichen Gerichtsverfahrens gezerrt werden. Der Schiedsspruch am Ende eines Schiedsgerichtsverfahrens ist regelmäßig endgültig, so dass den Parteien der weitere Weg durch bis zu drei Instanzen und den damit entstehenden zusätzlichen Kosten erspart bleiben. Es geht hier neben den Kosten auch um den „Faktor Zeit“, dessen Bedeutung nicht zu unterschätzen ist.


2. Schiedsgutachten:
Es gibt sie in zwei Formen: Im Rahmen eines Schiedsgutachtens „im engen Sinne“ sollen „entscheidungserhebliche Tatsachen festgestellt werden“, so z. B. die Feststellung des Schadens, der Ursachenzusammenhänge zwischen schädigendem Ereignis und Schaden, die Höhe von Mängelbeseitigungs- bzw. Baukosten usw..

Im Rahmen eines Schiedsgutachtens „im weiteren Sinne“ werden durch das Schiedsgutachten z. B. Vertragsinhalte an veränderte Verhältnisse angepasst, Lücken in Verträgen geschlossen, Leistungsmodalitäten bestimmt – im Ergebnis also: der „Vertragswillen der Parteien ergänzt“.

Beide Formen von Schiedsgutachten haben eine sehr hohe Bindungswirkung für die Parteien, da eine Inhaltskontrolle durch staatliche Gerichte gemäß § 319 BGB nur im Rahmen einer sog. Billigkeitsprüfung erfolgt. D. h. wenn etwa eine Regelung in grober Art und Weise gegen Treu und Glauben verstößt oder die Unbilligkeit zwar nicht Jedermann, sich jedoch einem Sachverständigen und unbefangenem Beobachter sofort hätte aufdrängen müssen.

Die Schiedsgerichtsbarkeit an deren Ende ein verbindlicher Schiedsspruch steht, wie auch ein sog. Schiedsgutachten, sind – von der Privatautonomie der Parteien – getragene Alternativen zu Entscheidungen im Rahmen der staatlichen Zivilgerichtsbarkeit. Sie schaffen für beide Parteien verbindliche Entscheidungen und unterliegen nur einer beschränkten inhaltlichen Überprüfung durch staatliche Gerichte. In jedem Stadium des Verfahrens bleibt die Vertraulichkeit über den Streitgegenstand gewahrt. Ferner können hohe Kosten und ein enormer Verlust an Zeit durch eine „Ochsentour durch drei Instanzen“ vermieden werden.



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